Herr Dr. Meier, das Städtebauprojekt Überseeinsel ist aktuell in aller Munde. Um welches Areal geht es genau?
Die Überseeinsel ist ein Teil des Gesamtareals Europahafen-Süd, nämlich die ehemalige Kellogg‘s-Betriebsfläche. Der vollständige Bereich Europahafen-Süd wird eingefasst vom Europahafen im Norden und der Weser im Süden. Es handelt sich um eine 41 Hektar große Halbinsel – also eine besondere Lage, die an drei Seiten vom Wasser umgeben ist. In einem 15 Hektar großen Teilbereich war über 50 Jahre lang das US-Unternehmen Kellogg unter anderem mit der Produktion von Cornflakes angesiedelt; es gibt viele Schuppen und Industriebebauung. Nach der Werkschließung im November 2017 entstand eine neue Situation, gefragt war ein tragfähiges Konzept für die Zukunft. Die Vorstudien trugen noch den Arbeitstitel „Europahafen Südseite“ – heute sprechen wir passenderweise von Europahafen-Süd und der Überseeinsel.
Ende Mai unterzeichneten Sie und die Stadtgemeinde Bremen – vertreten durch Dr. Joachim Lohse (Senator für Umwelt, Bau und Verkehr) – einen städtebaulichen Vertrag zur Entwicklung der Überseeinsel. Dies geschah im Rahmen einer gemeinsamen Sondersitzung der städtischen Deputationen für Umwelt, Bau, Verkehr, Stadtentwicklung, Energie und Landwirtschaft sowie für Wirtschaft, Arbeit und Häfen. Welche Inhalte und Eckpunkte sind im Vertrag festgehalten, welche konkreten Pläne und Ziele?
Es handelt sich um den groben Rahmen für die nächsten Jahre. Einerseits werden die Ergebnisse des städtebaulichen Wettbewerbs beschrieben. Als Investor bekennt sich die Überseeinsel GmbH außerdem zu den Ergebnissen der Vorstudien und sagt: So wollen wir bauen. Das betrifft Art und Ausmaß der Bebauung, zum Beispiel die Höhe. Im Vertrag ist zudem geregelt, dass Kindertagesstätten, eine Grund- und eine Oberschule gewünscht sind und entsprechende Flächen zur Verfügung gestellt werden. Überdies ist darin grob das Verhältnis von Wohnen und Arbeiten zu öffentlicher Nutzung skizziert.
Galt es bei der Vertragsentwicklung Vorbehalte oder andere Hürden zu überwinden?
Es gab bei den unterzeichnenden Parteien eine große Übereinstimmung der Interessen. Das war wirklich ein sehr angenehmer Verhandlungsprozess. Was bemerkenswert ist, denn normalerweise werden im Geschäftsleben Verträge widerstreitend ausgehandelt, unterschiedliche Interessen und Preise hart verhandelt. Das war hier aufgrund der gleichlaufenden Interessen des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Häfen sowie des Senators für Umwelt, Bau und Verkehr zum Glück nicht der Fall.
Inwieweit wird im Vertrag der Masterplan für die Überseestadt berücksichtigt?
Der Masterplan Überseestadt ist natürlich die Grundlage, traf aber ursprünglich noch keine Aussagen für die Überseeinsel. Insofern handelt es sich bei unserem Vertrag um eine Fortschreibung, die aber natürlich der weiteren Konkretisierung bedarf, dessen sind sich beide Seiten bewusst. Die nächsten Schritte sind ein konkretisierender Rahmenplan und anschließend qualifizierte und detaillierte Bebauungspläne für verschiedene Teilgebiete.
Welche Architekturbüros sind das und wie gestaltete sich der Wettbewerb?
Ziel dieses Wettbewerbs war nicht, einen einzigen Sieger zu finden, sondern einen Entwurf, an dem von vornherein mehrere Büros beteiligt sein sollten. Ursprünglich waren sechs Büros eingeladen: zwei aus Berlin sowie je eines aus Bremen, Kopenhagen, Rotterdam und Wien. Wir sind recht international an die Sache herangegangen, da der Hintergedanke war: Es sollen unbedingt auch dänische und niederländische Erfahrungen und Ideen aus dem Bereich Hafenstadtentwicklung einfließen. Weitere interessante Aspekte kommen von innovativen Hauptstadtbüros aus Österreich und Deutschland. Nicht zuletzt benötigen wir natürlich dringend die Bremer Ortskenntnis regionaler Architekten. Wir haben für die weitere Vertiefung drei Architekturbüros ausgewählt: die Gruppe OMP aus Bremen, COBE aus Kopenhagen und SMAQ aus Berlin.
Wie sehen die Ideen konkret aus?
Der Grundentwurf ist geprägt vom Berliner Büro SMAQ. Aus dem Kopenhagener Entwurf kommt ein anderer Schwerpunkt ins Spiel. Denn ein Kern der Planungen wird der aus stadtästhetischer Sicht wichtige Erhalt der Kellogg-Siloanlage sein. Die Einbettung in die Gesamtarchitektur auf der Überseeinsel wollen wir dem dänischen Entwurf entnehmen – was insofern gut passt, weil von COBE die Pläne für das Kopfstück im Europahafen stammen. Es macht einfach Sinn, dass das alles aus einem Guss ist.