Zwischen Backstein und Beton
25 Jahre ÜberseestadtGebäude unter Denkmalschutz in der Bremer Überseestadt
Die Überseestadt ist ein Ort im Wandel: Wo früher Hafenarbeiter ihrem Tagewerk nachgingen, entstehen heute moderne Büros, Wohnungen und Kreativräume. Und auch Gebäude unter Denkmalschutz spielen weiterhin eine tragende Rolle, indem sie die Geschichte des Ortes und des alten Hafens lebendig halten. Fünf dieser beeindruckenden Bauwerke schauen wir uns in diesem Beitrag näher an.

Speicher XI
Der Speicher XI wurde 1994 in die Liste des Bremer Landesamtes für Denkmalpflege eingetragen. Als historisches, ursprünglich zweiteiliges und 1947 durch einen Zwischenbau verbundenes Bauwerk steht es wie kein anderes für die Entwicklung der Überseestadt. Zwischen 1908 und 1912 als Baumwollspeicher erbaut, stand das rund 400 Meter lange Speichergebäude mit einer Lagerfläche von fast 40.000 Quadratmetern in den 90er-Jahren längere Zeit leer. Der Initiative des Bremer Bauunternehmers Dr. Klaus Hübotter war es zu verdanken, dass ein neues Nutzungskonzept für das Bestandsgebäude entwickelt werden konnte.
Die zwischen 2001 und 2004 erfolgreich vorgenommene Umnutzung des Industriedenkmals beinhaltete einen Um- und Ausbau des Speicher XI als Standort der Hochschule für Künste (HfK) und des Hafenmuseums Bremen. „Die behutsame Aufarbeitung der Situationen und weitestgehende Wahrung der vorgefundenen Zustände prägten das Umnutzungskonzept. So war es möglich – mit Ausnahme der notwendigen Belichtung durch das Einschneiden neuer Fenster in der Brandwand der Rückseite – die Veränderungen am Denkmal sehr zurückhaltend zu gestalten und zugleich ein historisches Hafenflair zu erhalten, das sich auch bald als entscheidender Impulsgeber für die Zukunft bewies“, äußerte sich der damalige Leiter des Bremer Landesamtes für Denkmalpflege Georg Skalecki in seinem Bericht zur Revitalisierung großflächiger historischer Hafenareale.

Speicher I
Seit 2006 wird der Speicher I an der Konsul-Smidt-Straße als Kulturdenkmal in der Datenbank des Bremer Landesamtes für Denkmalschutz gelistet. Er entstand 1950 auf dem Grundstück eines Vorgängerbaus von 1888, der im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war. Der schwierige Baugrund machte aufwendige Pfahlgründungen erforderlich.
Das in Stahlbetonskelettbauweise errichtete Gebäude wurde zwischen 2003 und 2007 im Auftrag von Justus Grosse Projektentwicklung nach Plänen des Architekturbüros Hilmes und Lamprecht durch moderne Büro- und Gewerbelofts mit großen Verglasungselementen umkonzipiert. „Die Flächen waren sehr intensiv nachgefragt, Lofts mit Industriecharme, hohen Decken und Holzboden gab es bis dahin nicht in Bremen“, äußerte sich damals der Projektentwickler.
Der Umbau geschah auch in diesem Fall behutsam nach den Vorgaben des Landesamtes für Denkmalpflege: „Rampen, Korridore, Lastaufzüge und Treppenhäuser hat man weitestgehend original belassen, so dass vieles noch an die historische Atmosphäre des Speichers erinnert“, schrieb Georg Skalecki in seinem Bericht. Lediglich eine neue Versorgungseinheit wurde in die vorhandenen einzelnen Segmente eingeplant.
Beim Speicher I handelt es sich um einen monumentalen, siebengeschossigen Bau mit einem leicht geneigten Satteldach. Es ist 226 Meter lang, 30 Meter breit und verfügt über eine Lagerfläche von etwa 36.000 Quadratmetern. Seine gelungene Umnutzung war die Initialzündung für weitere erfolgreiche Projekte in der Überseestadt.

Schuppen 2
Beflügelt vom Erfolg der Umnutzung des Speicher I machte sich die Justus Grosse Projektentwicklung an die Umkonzipierung des über 200 Meter langen Schuppen 2, dem ältesten erhaltenen öffentlichen Hafenumschlagsschuppen in den stadtbremischen Häfen, erneut nach dem Entwurf des Architekturbüros Hilmes und Lamprecht.
Das ursprünglich als Lagerschuppen dienende Gebäude wurde 1951/52 an der Südseite des Europahafens errichtet und steht seit 2006 in der Liste des Landesamtes für Denkmalpflege. Wie beim Speicher 1 war auch beim Schuppen 2 die Nachfrage groß und bereits vor Ankauf und Sanierungsbeginn ein Großteil der Flächen an verschiedene Gewerbetreibende und Dienstleister vermietet. Unter anderem führt dort das Unternehmen Koch & Bergfeld seit 2007 seine Gläserne Silbermanufaktur.
Im Jurybericht zum Architekturwettbewerb zur Auswahl vorbildlicher Gewerbebauten geht bezüglich des Schuppen 2 heißt es: „Mit architektonischer Souveränität ist es gelungen, einen alten, dem Abriss geweihten Hafenschuppen für neue gewerbliche Nutzungen umzubauen und dabei die identitätsstiftend historische Prägung des ehemaligen Hafenreviers für die Zukunft erlebbar zu machen. Notwendige funktionale Ergänzungen wie Nasszellen wurden mit separaten Bauelementen in die historische Architektur eingestellt.“

Schuppen Eins
Der Schuppen Eins steht seit 2008 unter Denkmalschutz und wurde für seine besondere Architektur inzwischen mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Seit seiner Fertigstellung Anfang der 60er-Jahre zählt er zu den besonders prägnanten Bauten des Nachkriegs-Wiederaufbaus in den stadtbremischen Häfen.
Über drei Jahrzehnte nutzte man ihn als reines Stückgut-Umschlaggebäude. Mit 405 Metern Länge und einer Nutzfläche von über 36.000 Quadratmetern war er als zweigeschossiger Sortierschuppen ausgelegt, inklusive einer Ladebühne für die Halbportalkräne.
Ab 1993 wurden in dem Gebäude Früchte gelagert. 1999/2000 füllte die Firma Dittmeyer dort ihre Fruchtsäfte ab. 2007 wurde es von zwei Investoren gekauft, kernsaniert und komplett umgebaut. Aus dem weserabwärts liegenden Teil des Gebäudes entstand in über vier Jahren Umbauzeit der Schuppen Eins, das neue Zentrum für Automobilkultur und Mobilität.
In Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege wurde ein Konzept für eine gemischte Nutzung entwickelt: Gastronomie, Handel, eine Werkstatt für Oldtimer mit Autoeinlagerung, Sportangebote und Wohnen waren demnach für den Schuppen Eins vorgesehen.

Ensemble des Kaffee HAG-Werkes
Die ehemalige Produktionsstätte der weltbekannten Marke Kaffee HAG, ein Großbau von 1915/1916, gehört zu den wichtigsten Industriedenkmälern in Bremen. Sie dokumentiert nicht nur die Geschichte des Bremer Kaffee-Exports, sondern auch die Entwicklung der industriellen Lebensmittelproduktion
Seit 2008 ist das Ensemble des Kaffee-HAG-Werkes zusammen mit der ehemaligen Kaba-Produktion in der Liste des Landesamtes für Denkmalpflege vermerkt. Der markante Stil der Fabrikgebäude an der Hagstraße und am Fabrikenufer geht auf Entwürfe von Hugo Wagner aus den Jahren 1906/07 und auf das Bremer Industriearchitekturbüro Hildebrand & Günthel zurück, das den Komplex 1914/15 erweiterte. In diesem Zuge entstand auch der eindrucksvolle Marmorsaal. Die Anlage gilt als bedeutendes Beispiel für die Reformbewegungen im Fabrikneubau.
Im Einzelnen gehören zu dem denkmalgeschützten Ensemble: das Kaffee-HAG-Werk I, das Kaffee-HAG-Werk II mit den beiden fünfgeschossigen Speichern, die einst zur Kaba-Produktion genutzt wurden, die Gebäude der Ölmühle Groß-Gerau-Bremen, das ehemalige Maschinenhaus der Ölmühle Groß-Gerau-Bremen sowie der Marmorsaal im Lagererweiterungsgebäude der Kaffee HAG. Auf dem Gelände befindet sich heute das HAG-Quartier, ein Areal für eine vielseitige gewerbliche Nutzung.
„Die Kaffee-HAG-Fabrik ist zweifellos ein hochrangiges Denkmal. Künstlerische, architektur- und industriegeschichtliche sowie kulturgeschichtliche Aspekte fordern geradezu die Eintragung in die Denkmalliste. Durch den Erhalt markanter historischer Bauten und ihre Kennzeichnung als erhaltenswerte Kulturdenkmäler steigt die Attraktivität der erweiterten Überseestadt deutlich an", hielt Georg Skalecki in seinen Aufzeichnungen fest.
Weitere Gebäude, die in der Überseestadt unter Denkmalschutz stehen, sind in der Datenbank des Landesamtes für Denkmalpflege zu finden.
Erfolgsgeschichten
Fragen und Antworten zum Waller Sand
Der Strandpark Waller Sand ist ein beliebtes Naherholungsziel in der Überseestadt. Weil es zu seiner Nutzung immer mal wieder Rückfragen gibt, haben wir diese in den aktualisierten FAQ für euch beantwortet.
Mehr erfahren25 Jahre Überseestadt: Früher/Heute
25 Jahre Überseestadt! WIe hat sich der Ortsteil gewandelt? Unsere Vorher-Nachher-Bilder zeigen die Entwicklung eines beeindruckenden Areals!
Mehr erfahren auf der WFB-WebsiteAnkommen, mitreden, mitgestalten
Wie wächst ein junger Bremer Ortsteil zu einer echten Nachbarschaft zusammen? In der Überseestadt übernimmt das Projekt „Quartierstreff Jetzt Hier“ genau diese Aufgabe: Es bringt Menschen aus dem dynamisch wachsenden Stadtviertel zusammen, bündelt Bedürfnisse und schafft Raum für gemeinsame Ideen und Initiativen.
Mehr erfahren