Pflegeschule in der Überseestadt setzt auf modernes Lernen
GesundheitPflegebildung Bremen hat im September im Kaffee-Quartier eröffnet
Mitten in der Überseestadt ist ein neuer Lernort für angehende Pflegekräfte entstanden: die Pflegeschule Pflegebildung Bremen. Praxisnah, digital und mit Fokus auf Wohlfühlatmosphäre werden die Auszubildenden dort unterrichtet. Geschäftsführerin Daniela Reinhardt erklärt, warum die Überseestadt der perfekte Standort ist, wie junge Menschen heute lernen und was ein Skills Lab ist.

Frau Reinhardt, das ehemalige Bremer Zentrum für Pflegebildung ist mit neuem Namen ins Kaffee-Quartier umgezogen. Warum ist die Überseestadt aus Ihrer Sicht der ideale Standort für Pflegebildung Bremen?
Für den Standort Überseestadt hat definitiv die gute Lage und Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln gesprochen. Das war für uns ein ziemlich ausschlaggebendes Argument. Dann kommt hinzu, dass unsere Träger über Bremen verstreut sind und wir einen Ort finden wollten, der mittig liegt. Das hat die Überseestadt für uns erfüllt. Außerdem ist es ein junger Stadtteil und Pflegeausbildung ist ja auch eher jung. Das finde ich sehr stimmig.
Pflegebildung Bremen wird von sechs freigemeinnützigen Trägern unterstützt. Wie sieht die Zusammenarbeit aus?
Hinter unserer Einrichtung stehen die drei Krankenhäuser DIAKO, Rotes Kreuz Krankenhaus und St. Joseph-Stift sowie Caritas, Diakonie und die Bremische Schwesternschaft vom Roten Kreuz, mit denen wir eng zusammenarbeiten. Dadurch bekommen die Auszubildenden Einblicke in unterschiedliche Pflegebereiche wie Lang- und Kurzzeitpflege, aber auch ambulante Pflege, und es sitzen Auszubildende aus allen Settings in den Kursen. Die Träger sind zugleich Gesellschafter der Schule und es gibt monatliche Praxisanleitertreffen für den Austausch. Da wird geschaut: Was läuft in der praktischen Ausbildung? Welche Bedarfe gibt es? Und wie gestaltet sich die theoretische Ausbildung? Wir bieten außerdem auch die Weiterbildung zur Praxisanleitung hier an der Schule an.

Was unterscheidet Ihr neuartiges Lernkonzept noch von dem klassischer Pflegeschulen?
Wenn man sich unsere neuen Räume im Kaffee-Quartier anschaut, merkt man, dass wir auch das Drumherum mitgedacht haben. Wir finden es wichtig, dass unsere Auszubildenden, die den ganzen Tag hier verbringen, bei uns eine hohe Aufenthaltsqualität haben – einen Bereich, wo sie sich begegnen und austauschen können. Und gleich beim Reinkommen haben wir hier so einen großen Bereich. Das war uns unglaublich wichtig. Aber auch, dass wir auf Rückzugsbedürfnisse achtgeben. Im anderen Teil des Gebäudes gibt es deshalb einen Ruhehafen mit Sitzsäcken, wo man sich auch mal zum Gebet zurückziehen kann, wenn das für jemanden persönlich eine Bedeutung hat.
Es wird also sehr auf Wohlfühlatmosphäre geachtet?
Ja, aber auch darauf, dass unsere Auszubildenden die Möglichkeit haben, selbst gesteuert zu lernen und dafür einen ansprechenden Ort vorfinden, wo man ungestört lernen kann. Das ist unsere große Lernlandschaft mit kleinen verschiebbaren Zonen zum konzentrierten Arbeiten. Unabhängig vom Budget oder Unterstützung von der Familie, statten wir alle Azubis mit den gleichen Materialien aus: Alle bekommen zu Beginn der Ausbildung ein iPad mit digitalen Pflegelehrbüchern zur Verfügung gestellt. Alle haben die gleichen Zugangsvoraussetzungen.

Welche Reaktionen gab es bei den Auszubildenden auf das neue Konzept und die neuen Räume in der Überseestadt?
Das war ganz spannend: Die ersten Reaktionen waren noch ein bisschen verhalten, weil es ganz frische Kurse in der Ausbildung waren. Dann merkte man aber mit den Tagen immer mehr Begeisterung und dass es auch wirklich angenommen und genutzt wird, wie wir uns das vorgestellt haben. Sie sitzen hier in den Pausen an den Tischen, es sind gar nicht mehr so sehr die Smartphones in der Hand. Es wird gemeinsam gegessen und kommuniziert. Das ist total schön zu beobachten. Auch das Skills Lab wird sehr gut angenommen.
Wie sieht eine typische Lernsituation im Skills Lab aus? Was können die Auszubildenden dort üben?
Dort können unsere Auszubildenden sich auf praktische Tätigkeiten vorbereiten und finden reale Bedingungen vor. Sie üben zum Beispiel Fertigkeiten wie das korrekte Anlegen eines hygienischen Wundverbandes. Wir haben verschiedene Wunden, die sie beurteilen können. Aber wir arbeiten auch mit Schauspielpatientinnen und -patienten zusammen, also Menschen, mit denen sie Kommunikation und Beratungssituationen durchspielen können. Sie haben dann ein echtes Gegenüber, das vielleicht auch mal weint oder verunsichert wirkt. Das macht das Ganze sehr vielseitig.

Und von der Baby- bis zur Altenpflege ist alles mitgedacht?
Genau, wir haben es räumlich auch so aufgebaut: Es gibt einen Raum, der sich vorwiegend mit der stationären Langzeitpflege befasst oder der ambulanten Pflege. In einem anderen Raum finden die Auszubildenden das pädiatrische Setting – von Baby bis Kleinkind mit entsprechend schweren und detailliert gestalteten Puppen zum Üben. Und zwei Räume sind genauso ausgestattet wie im Krankenhaus, mit den typischen Betten, Nachtschränken und Schaltern.
Wie lernen Pflegeauszubildende heute für den theoretischen Teil der Ausbildung?
Wir sind inzwischen sehr digital. In allen Klassenräumen gibt es Smartboards und die Auszubildenden haben ihre iPads. Wir arbeiten mit vielen digitalen Tools und das Buch ist schon etwas weiter weggerückt. Es wird mehr online recherchiert und gelernt. Zur Lernstoffsicherung gibt es Kahoots, das sind interaktive Lernspiele. Die Auszubildenden erstellen aber zum Beispiel auch selber Podcasts, um Inhalte kurz und komprimiert zusammenzufassen, und es entstehen Videos zu Schulungssequenzen. Über die iPads können sie außerdem kollaborativ arbeiten.

Was braucht es, um junge Menschen auch in Zukunft für den Pflegeberuf zu gewinnen?
Es braucht ein besseres Image der Pflege in der Öffentlichkeit. Sicher, die Arbeitsbelastung ist da. Aber die Pflege ist auch eine sehr sinnstiftende und erfüllende Aufgabe. Die Bezahlung ist in den letzten Jahren deutlich besser geworden. Und die Versorgung der Patientinnen und Patienten profitiert von den unterschiedlichen Erfahrungen. Der Pflegeberuf ist wahnsinnig vielseitig, man kann und muss Verantwortung übernehmen und es gibt Vorbehaltsaufgaben, also Tätigkeiten, die nur Pflegekräfte machen dürfen, die eine dreijährige Ausbildung oder ein Pflegestudium absolviert haben.
Haben Sie noch weitere Wünsche für den Pflegeberuf in Bremen?
Ich würde mir wünschen, dass deutlicher wird, was Pflegekräfte in ihrem Beruf leisten – aus den verschiedenen Settings heraus, und dass schon in der Schule darüber aufgeklärt wird, zum Beispiel in Profilfächern wie Gesundheit und Soziales. In Bremen setzt das leider erst ab der zehnten Klasse an, nicht früher. Wünschenswert wäre, so etwas wie Schulsozialarbeit auch in der Pflegeausbildung zu haben und es dürfte insgesamt, nicht nur auf die Pflegeausbildung bezogen, mehr Wohnangebote für Auszubildende geben, die zentral, aber auch bezahlbar sind, so wie sie auf der Überseeinsel in der Überseestadt geplant sind. Als ich das gelesen habe, habe ich mich schon gefreut. Es wäre toll, wenn es da irgendwann Vernetzung gibt und Synergieeffekte entstehen.
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