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Historie

Vom Hafenrevier zur Überseestadt

1817 bis 1888 | Buten un Binnen Wagen un Winnen

1817: Das erste Dampfschiff

Im 19. Jahrhundert florierte der Bremer Handel vor allem mit England und den USA. Die Schiffe wurden immer größer und benötigten mehr Tiefgang. Im Jahr 1817 nahm das erste Dampfschiff, die „Weser“ den Verkehr zwischen Bremen und Brake auf - lief aber in Trockenzeiten trotz eines Tiefganges von nur einem Meter öfter auf Grund. Die Weser versandete immer weiter. Angebote von Ingenieurinnen und Ingenieuren, die Fahrrinne auszubaggern, bewerteten Senat und Bürgerschaft als zu teuer und als wenig Erfolg versprechend. So entschied man, den Fluss durch Bauten zu verengen.

1827: Die Gründung Bremerhavens

Mit der Gründung Bremerhavens 1827 verfügte die Hansestadt endlich wieder über einen eigenen Hafen für Hochseeschiffe, der auch schnell erfolgreich wurde. Verträge von Guatemala über Persien, Siam und Sansibar bis Hawaii garantierten ein dichtes Handelsnetz auf allen bewohnten Kontinenten. Ab dem Jahr 1847 verkehrte ein regelmäßiger Postdampfer in die USA. Der Norddeutsche Lloyd, 1857 gegründet, sollte Bremen zum Sitz einer der erfolgreichsten Reedereien der Welt machen.

1863 - Binnenhandel

Waren und Güter mussten weiterhin mit Weserkähnen bis in die Stadt gebracht werden; nur kleinere Schiffe und der Binnenhandel wurden direkt abgewickelt. Die Weservertiefungen, in den Jahren 1863 bis 1865 und 1877/78 durchgeführt, erlaubten bei Flut, Schiffen bis 2,6 m Tiefgang die Fahrt bis Bremen. Allerdings verschlimmerten Verengung und Verlandung des Flusslaufes die Gefahr von Überschwemmungen, so dass es Weihnachten 1880 in Bremen und umzu „Land unter“ hieß.

1880 - Weservertiefung

Ende des 18. Jahrhunderts beschloss Bremen, die Probleme der Weser-Verengung im großen Maßstab zu lösen: Abhilfe schufen die Weser-Korrektion und der Bau neuer Freihäfen auf dem Gelände der Stephanikirchweide und im stadtbremischen Überseehafengebiet in Bremen. Der Generalplan sah Investitionen von 34,5 Millionen Mark vor, von denen Bremen mehr als zwei Drittel trug. Nach heutigen Maßstäben eine Milliarden-Investition. Widerstand gegen das Vorhaben kam von mehreren Seiten. Die Bremer Kaufmannschaft fürchtete um die Rentabilität.

1887 - Europahafen

Als erstes Becken wurde 1887 der heutige Europahafen fertiggestellt: 2.000 m lang, 120 m breit, mit Schwimmdock, Speichern, Schuppen und sonstiger Infrastruktur technisch auf der Höhe der Zeit. Dazu gehörten außerdem ein Eisenbahnanschluss, Kräne und eine elektrische Beleuchtung für das gesamte Gelände. Als Betreiberin fungierte die Bremer Lagerhaus Gesellschaft (BLG). Diese bekam kostenlos die Hafenanlagen zur Verfügung gestellt und zahlte dafür im Gegenzug einen Anteil des Gewinnes an die Stadt zurück. Die Investition war von Anfang an ein großer Erfolg mit jährlichen Zuwachsraten von zehn, später sogar zwanzig Prozent. Im Jahr 1891 folgte der Holz- und Fabrikenhafen, der nicht mehr Zollfreigebiet war und so die Ansiedlung von produzierendem und verarbeitendem Gewerbe ermöglichte, wie zum Beispiel die Ansiedungen von Rolandmühle (1897) und Kaffee Hag (1906). Im Jahr 1905 eröffnete der Werfthafen, ein Jahr später der Überseehafen. Die Schlachte in der Bremer Innenstadt hingegen bot für die immer größer werdenden Transportschiffe nicht mehr ausreichend Platz. So endete dort nach über 700 Jahren der Hafenbetrieb.

1914 bis 1942 | Schwere Zeiten

1914 bis 1918

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges endete praktisch der gesamte Außenhandel: See- und Landwege waren blockiert, Kontore und Schiffe in feindlichen Gebieten beschlagnahmt, die Arbeitskräfte teilweise eingezogen. Statt der 6.323 Schiffe, die 1913 in Bremischen Häfen ankamen, waren es 1915 nur noch 894. Erst nach einiger Zeit war die Produktion erfolgreich auf Rüstungsgüter umgestellt, wie bei der AG Weser oder bei den Atlas-Werken im Europahafen. Das Hilfsdienstgesetz vom Dezember 1916 unterstellte dann effektiv alle Bereiche der Wirtschaft und alle verfügbaren männlichen Arbeitskräfte den militärischen Bedürfnissen. Die Umschlagszahlen der Häfen stiegen im Verlauf des Krieges leicht an, vor allem im Handel mit dem Ostseeraum.

1919

Nach den Wirren des Krieges und der versuchten Räterepublik waren die Bremer Häfen verwaist, ohne Waren, ohne Schiffe. Die Gesamtzahl der bremischen Schiffe reduzierte sich auf ein Viertel des Vorkriegsstandes, übrig blieben vor allem Segelschiffe und Seeleichter (Fahrzeuge mit geringem Tiefgang mit oder ohne eigenen Antrieb). Der Rest war versenkt oder von den Siegermächten requiriert. Der Verfall der Reichsmark gegenüber anderen Währungen erschwerte die Importe; Rohstoffmangel verhinderte das rasche Wachstum einer Friedensindustrie, die Exportwaren hätte produzieren können. Lediglich Getreide- und Ölmühlen arbeiteten auf voller Leistung - wie auch Schwarzmarkt und Schmuggel. Einen Vorteil hatte die schwache Mark: Die deutschen Reedereien konnten ihre ausländische Konkurrenz unterbieten und die geringen Kapazitäten voll auslasten. Ein Hemmnis dagegen war das Wegfallen der Seehäfen-Ausnahmetarife der Eisenbahn, die zuvor den Transport über den angrenzenden Weser-Bahnhof ins Binnenland erheblich verbilligt hatten. 1920 erreichte der Umschlag die Hälfte des Vorkriegs-Niveaus. Erst eine weitere Vertiefung der Weser auf 8 Meter (1924-29) machte den Bau der „Bremen“ auf den benachbarten Anlagen der AG Weser möglich. Natürlich wurden Anlagen und Gerätschaften weiter auf dem aktuellen Stand der Technik gehalten. In der folgenden Weltwirtschaftskrise sanken die Hafenumsätze 1931/32 um 25 Prozent.

1933

Bei den Reichstagswahlen am 5. März 1933 konnte die NSDAP stark zulegen und zusammen mit der KSWR, einem von der DNVP dominierten Wahlbündnis, hatte die Regierung nach der Wahl eine parlamentarische Mehrheit und konnte darauf gestützt den Weg in die Diktatur ebnen. Die folgende Wahl im November 1933 sah nur noch eine NSDAP-Einheitsliste in Verbindung mit einer Volksabstimmung über den Austritt aus dem Völkerbund vor. So radikal der politische Wandel, so verheerend die wirtschaftlichen Verhältnisse. Bremen als Handelsstadt litt auch unter den Krisen der restlichen Welt. Die meisten Industrieländer kontrollierten den Devisenhandel, so dass Kompensationsgeschäfte (der direkte Austausch von Waren ohne Geld) bald zum Tagesgeschäft gehörten. In den Vorkriegsjahren blieb der Umschlag der bremischen Häfen etwa auf gleichem Niveau, bei sinkendem Wert der Waren. Hauptgüter waren weiterhin Wolle, Tabak, Getreide und Kaffee. 1936 hatte der Überseehandel wieder circa 75 Prozent des Niveaus von 1929 erreicht. In den ersten Kriegsjahren änderte sich daran wenig, bis der Mangel an Rohstoffen und Arbeitskräften im produzierenden Gewerbe den Export zusammenbrechen ließen.

1945 bis 1968 | Die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg

1945 - Keine Stunde null

1945 bedeutete für Bremen keine Stunde null: Es gab ein Fundament, auf dem man wieder aufbauen und das Unrecht der vergangenen zwölf Jahre vergessen wollte. Es gab immer noch die ungebrochene hanseatische Tradition des Handels und es gab einen Bürgermeister Wilhelm Kaisen (SPD), bis 1933 Sozialsenator, der sagte: "Erst der Hafen, dann die Stadt". Der größte Glücksfall war Bremens Status als amerikanisch besetzte Enklave. Bremen und Bremerhaven dienten den Amerikanerinnen und Amerikanern als Nachschubhäfen für ihre Truppen. So hatten diese ein vitales Interesse daran, zerbombte Hafenanlagen zu reparieren und versenkte Schiffe zu heben. Außerdem stellten sie - nach einigen Diskussionen mit den Briten - die Unabhängigkeit Bremens wieder her.

1945 - 1949

Von Mai bis August 1945 wurden die Häfen entmint, im September löschte das erste Handelsschiff seine Waren. Systematisch räumten die Bremerinnen und Bremer mit Unterstützung der USA die Trümmer weg, sprengten Ruinen und füllten Bombentrichter. Schuppen, Speicher, Kran- und Gleisanlagen wurden in mühsamer Kleinarbeit und unter Verwendung erhaltener Einzelteile repariert. Der erste Liniendienst in die USA nahm im Juli 1946 seinen Dienst auf. Inzwischen wurden, neben dem militärischen Nachschub, auch Lebensmittel, Kohle, Erz und Wolle umgeschlagen. Bereits zwei Jahre nach Kriegsende erreichten die Umschlagszahlen die Hälfte des Niveaus des Jahres 1938. Angesichts des kleineren Wirtschaftsraumes im Rücken Bremens und der fast totalen Zerstörung der Infrastruktur nicht nur vor Ort, sondern in ganz Deutschland ein großer Erfolg. Allerdings ohne deutsche Reedereien: Was an Schiffen nicht versenkt war, wurde beschlagnahmt; die Beschränkung von 1949 auf maximal 7.200 Bruttoregistertonnen und 12 Knoten Höchstgeschwindigkeit erlaubte keinen wirtschaftlichen Betrieb.

1950 bis 1953

Anfang der fünfziger Jahre war in den Häfen die erste Phase des Wiederaufbaus abgeschlossen. Die Auslastung bei Stück- und Massengütern war so gut, dass permanent weitere Speicher, Kräne und Kajen gebaut wurden.Hafensenator Hermann Apelt initiierte 1953 ein Investitionsprogramm, das die folgenden zehn Jahre lang jeweils 20 Millionen Mark in die Häfen investierte. Trotzdem waren am Ende der fünfziger Jahre Europa- und Überseehafen an ihre natürliche Auslastungsgrenze gekommen. Schiffe mussten teilweise tagelang warten. Der Bau des Neustädter Hafens auf der linken Weserseite brachte die nötige Entlastung und modernere Anlagen. Die Fehleinschätzung der senatorischen Behörde, dass es eine natürliche Grenze für das Wachstum der Schiffsgrößen gäbe und deshalb die stadtbremischen Häfen auch langfristig Herzstück der Wirtschaft bleiben, sollte sich nicht bewahrheiten. Die Containerisierung sollte die Attraktivität des Europa- und Überseehafens beenden.

1964 bis zur Gegenwart | Vom Hafen zur Überseestadt

Die 1960er Jahre und später

1964 begann in Bremen die Zeit des Containers. 1966 machte das erste in Europa erschienene Containerschiff, die Fairland, im Überseehafen fest. In der Folgezeit stiegen Kapazität und Tiefgang der Schiffe weiter an, bis diese schlicht für die Weser als auch für die Hafenbecken aus dem 19. Jahrhundert zu groß wurden. Trotzdem konnten die Häfen durch ständige Modernisierung weiter attraktiv gehalten werden, zum Beispiel durch den Bau von Roll-on-Roll-off (RoRo)-Terminals im Überseehafen (1967) und im Europahafen (1972).

Die Geschichte der Überseestadt beginnt

Durch den weiteren Rückgang des Stückgutaufkommens endete die Stückgutfracht in den 1980er Jahren.
Aufgrund erheblicher Baufälligkeit der Kaianlagen wurde der Überseehafen 1991 geschlossen. Da es für den Hafen keinen Bedarf mehr gab und auch seine Sicherung zu kostenträchtig erschien, wurde das Hafenbecken 1998 mit rund 3,5 Mio. Kubikmetern Sand, der bei Baggerarbeiten in der Außenweser anfiel, verfüllt.
Damit entstand die Grundlage für eines der größten Stadtentwicklungsprojekte Europas: das Hafenrevitalisierungsprojekt „Überseestadt“. 2000 beschloss der Bremer Senat die „Entwicklungskonzeption zur Umstrukturierung der Alten Hafenreviere in Bremen“. 2003 wurde der „Masterplan Überseestadt“ verabschiedet.