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4.5.2017 -

ISH – drei Buchstaben für die Zukunft Hafen

Die ISH hat sich „Zukunft Hafen“ auf die Fahnen geschrieben

Dr. Heiner Heseler am Holz- und Fabrikenhafen
© WFB/Frank Pusch

Die ISH – Initiative Stadtbremische Häfen e.V. hat sich „Zukunft Hafen“ auf die Fahnen geschrieben. Aber wie passen Hafenwirtschaft und die aktuellen Entwicklungen in der Überseestadt Bremen zusammen? Kann das gut gehen? Das haben wir Dr. Heiner Heseler, Geschäftsführer der ISH, gefragt.

In der Überseestadt existieren Industrie, Hafenwirtschaft, Wohnen und Gewerbe nebeneinander
© WFB/Frank Pusch

Dr. Heiner Heseler ist seit 2016 Geschäftsführer der Initiative Stadtbremische Häfen e.V. (ISH). Seitdem ist er viel unterwegs, vor allem in der Überseestadt. Sein Kalender ist voller Termine für Gespräche in Firmen, Behörden und der Bremer Verwaltung. Er knüpft Kontakte, spinnt Netzwerke und tritt für die Interessen der Hafenwirtschaft ein. Wir treffen ihn inmitten der Gegend in der Überseestadt, in der zahlreiche ISH-Mitgliedsunternehmen aus Hafenwirtschaft und Industrie beheimatet sind: im Holz- und Fabrikenhafen.

Herr Heseler, wie ist die ISH eigentlich organisiert?

Derzeit zählen wir etwa 50 Mitgliedsunternehmen – vorwiegend Hafen- und Industriebetriebe. Das Gros hat seinen Firmensitz im Holz- und Fabrikenhafen sowie dem südlichen Europahafen in der Überseestadt. Es gibt einen Vorstand und mich als Geschäftsführer – übrigens als einzigen Mitarbeiter. Die Strukturen sind also sehr schlank. Ein Mal pro Jahr findet die Mitgliederversammlung in der Handelskammer statt. Darüber hinaus gibt es regelmäßige Vorstandssitzungen und Themensitzungen mit interessierten Mitgliedern. Wir kooperieren sehr gut mit dem Senat und den Bremer Gesellschaften wie der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB)sowie den Beiräten.

Die ISH-Unternehmen zahlen Mitgliedsbeiträge zur Finanzierung unserer Arbeit. Was nicht gebraucht wird, zum Beispiel für Gutachten, geht in einen Fördertopf. Daraus finanzieren wir ganz unterschiedliche Projekte, beispielsweise Hafenführungen, Ausstellungen oder kleinere Projekte in der Überseestadt.

Dr. Heiner Heseler im Interview
Der ISH-Geschäftsführer setzt sich für die Interessen der Hafenwirtschaft ein © WFB/Frank Pusch

Wann und warum wurde die ISH gegründet?

Die Initiative Stadtbremische Häfen gibt es jetzt seit 15 Jahren. Sie wurde damals ins Leben gerufen, um ein Netzwerk für die Unternehmen zu bilden und um die Interessen der in der Überseestadt ansässigen Unternehmen zu vertreten, als die Quartiersentwicklungen vermehrt auch Wohnbebauung und Dienstleistungen wie Gastronomie vorsahen. Das unterstützen wir natürlich grundsätzlich, denn es belebt den Ortsteil und wir sind für die Erschließung und Entwicklung der Überseestadt. Aber die Entwicklungen erfordern Regelungen und Kompromisse auf beiden Seiten – Industriebetriebe und Wohnraum so dicht zusammen verstehen sich nämlich nicht immer gut. Die traditionelle Industrie- und Hafenwirtschaft an diesem Standort wird aber gebraucht, denn sie schafft und erhält Arbeitsplätze. Der Senat hat den Unternehmen ausdrücklich am Standort Überseestadt Bestand und Entwicklungsperspektiven zugesichert.

Dennoch wurden die Entwicklungen und die Wohnbebauung ja vorangetrieben.

Genau, aber stets im Austausch mit der ISH. So wurde beispielsweise auch das „Bremer Modell“ – das verträgliche Miteinander von Industrie, Hafen, Gewerbe, Dienstleistungen und Wohnen – in Zusammenarbeit mit dem Bremer Senat auf den Weg gebracht. Die ISH wird bei neuen Bebauungsplänen in der Überseestadt angehört und beteiligt. Darin ist häufig geregelt, dass bestimmte Grenzwertüberschreitungen in Bezug auf Lärm oder Geruchsbildung zulässig sind. In den Grundbüchern der Wohnungseigentümer und letztendlich auch der Mieter sind entsprechende Grundlasten eingetragen. So ist für alle Beteiligten von Beginn an transparent, dass es sich bei der Überseestadt nicht um ein reines Wohngebiet handelt, sondern nach wie vor um ein Areal, an dem Hafenwirtschaft und Industrie betrieben werden. Über die Zeit hat sich herauskristallisiert, dass das Bremer Modell sehr zu einem verträglichen Miteinander an diesem Standort beiträgt. Hätte es die ISH nicht gegeben und wäre sie nicht aktiv beteiligt gewesen, hätten entsprechende Regelungen mühsam mit vielen einzelnen Beteiligten getroffen werden müssen. 

Welche Rolle spielt die ISH bei der Entwicklung der Überseestadt?

Neben der Entwicklung des Bremer Modells wurde zum Beispiel auch die „Zonierung“ der Überseestadt zusammen mit uns erarbeitet und einvernehmlich vom Senat verabschiedet. Unser Anliegen sind die Interessen der Unternehmen aus der Hafenwirtschaft am Standort. Da sind neben großen und das Gesicht der Überseestadt prägenden Unternehmen wie der Roland-Mühle oder J. Müller auch viele kleinere Betriebe vertreten. Sie wollen am Standort bleiben und sich hier weiter entwickeln. Die Zonierung regelt unter anderem, dass der Holz- und Fabrikenhafen Industrie- beziehungsweise Hafengebiet ist und bleibt, sich daran zunächst Gewerbeflächen anschliessen und bestimmte Abstände zu Büro und Wohngebäuden eingehalten werden. 

Deswegen werden wir auch bei jedem Bebauungsplan und bei jedem Projekt ins Boot geholt. Unsere frühzeitige Einbindung verhindert langwierige Auseinandersetzungen und Unsicherheiten während der Projektphase. Sehen wir etwas kritisch, suchen wir das Gespräch oder führen auch schon mal Untersuchungen durch. So können mögliche Komplikationen zwischen bestehender Industrie und neuen Entwicklungen frühzeitig erkannt und vermieden werden. Das hilft letztendlich allen Seiten.

Kam immer eine Einigung zustande?

In den 15 Jahren, die es die ISH jetzt gibt, gab es nur einen einzigen Fall, in dem wir den Plänen nicht zugestimmt haben. Dabei ging es um ein Bürogebäude mit Restaurant, das vis-à-vis der Roland-Mühle am Holz- und Fabrikenhafen gebaut werden sollte. Hier war einfach schnell klar: Das kann nicht gutgehen und früher oder später hätte es Schwierigkeiten gegeben –die Produktion und Existenz der vor Ort ansässigen Unternehmen war gefährdet. Es kam in diesem speziellen Fall sogar zur Klage.  Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts fiel eindeutig zugunsten der ISH und der Hafenwirtschaft aus. Aber das soll – und ist! – nicht die Regel und bisher auch der einzige Fall. Denn schließlich wollen wir genau so eine Situation ja durch unsere Arbeit vermeiden.

Der Holz- und Fabrikenhafen in der Überseestadt
© WFB/Paul Paeßler

Beschränkt sich das Engagement der ISH auf die Überseestadt?

Nein, wir sind auch im Industriehafen aktiv und haben dort Entwicklungen mit angestoßen, zum Beispiel die Vertiefung und Verbreitung des Hafens, damit auch größere Schiffe die Unternehmen erreichen. Durch diese Infrastrukturmaßnahmen wurde die Wettbewerbsfähigkeit der stadtbremische Hafenwirtschaft gesteigert und letztlich Arbeitsplätze gesichert. Die Diskussionen dort sind jedoch andere, da es hier keine Wohnbebauung gibt. 

Wenn Sie „Wünsch dir was“ spielen dürften, was würden Sie sich für die Überseestadt wünschen?

Für die neuen Entwicklungen rund um den Europahafen, die durch die Schließungspläne von Kellogg‘s ausgelöst werden, wünsche ich mir ein verträgliches Miteinander unter Berücksichtigung des Bremer Modells. Denn dass trotz unterschiedlicher Interessen von Industrie, Hafenwirtschaft, Dienstleistungen und Wohnen dennoch grundsätzlich ein Nebeneinander in der Überseestadt möglich ist, unterscheidet den Standort von anderen Konzepten wie zum Beispiel in der Hafencity in Hamburg. Das ist gut für Bremen und macht die Überseestadt zu etwas Besonderem.